Sonntag, 26. Oktober 2014

Sich selbst positiv täuschen: Ziehen Sie sich gut an!

Dass Kleider Leute machen, wissen Sie aus eigener Erfahrung. Sie werden in der Modeboutique anders behandelt, wenn Sie im schicken Zweiteiler eintreffen, als wenn Sie in ausgefransten Jeans und T-Shirt die Mitarbeiterin nach einer Beratung fragen.

Dass wir uns allerdings selber positiv dadurch beeinflussen können, indem wir entsprechende Kleider tragen, und dass wir dadurch auch messbar bessere Erfolge schreiben, das war bis anhin weniger bekannt.

Kleider beeinflussen unser Aufmerksamkeitsvermögen stark. Forscher nennen das Phänomen, bei welchem die Kleidung unsere geistigen Fähigkeiten beeinflusst, «enclothed cognition», zu deutsch etwa: getragene Wahrnehmung.

Die Ergebnisse sind hochinteressant für Arbeitgeber: Welchen Einfluss hat die Kleidung auf das Verhalten der Mitarbeiter? Mit welchem Verhalten ist das Tragen von Berufskleidung verknüpft? Und wie kann die Kleidung optimal eingesetzt werden, um bevorzugtes Verhalten zu fördern?




Quelle: NZZ Blog "Kittel machen klug"

Dienstag, 21. Oktober 2014

Bluffen? - Manchmal ja.

Quelle: Tages Anzeiger vom 17.10.2014 

Ehrlichkeit ist bisweilen fehl am Platz: Manche Leute legen es darauf an, angelogen zu werden.

Ein pensionierter ETH-Professor wird in Einsiedeln nicht eingebürgert, weil er beim persönlichen Gespräch mit der Einbürgerungskommission schlecht abgeschnitten hat. Er machte keinen Hehl daraus, dass er sich nicht im Übermass für seine unmittelbare Umgebung interessiert. Den Schweizer Pass wollte er nicht aus patriotischem Überschwang, sondern aus praktischen Überlegungen – und das sagte er im Gespräch auch offen (TA vom Mittwoch).

Das soziale Schmiermittel

Dass der Akademiker nach 39 Jahren offenbar ziemlich wenig weiss über seinen Wohnort, diesen Vorwurf muss er sich gefallen lassen. Vor allem aber hat er sich völlig verschätzt: In solchen Situationen ist nicht Ehrlichkeit gefragt, sondern Schmeichelei. «Die Schweiz ist das grossartigste Land, das ich mir vorstellen kann!» «Einsiedeln der beste Fleck auf Erden!» «Am liebsten würde ich für den Bezirksrat kandidieren!» Lieber eine glatte Lüge als eine borstige Wahrheit, heisst es in Ägypten. Diese Faustregel kann ohne weiteres auf die Schweiz übertragen werden.

Lügen sind das soziale Schmiermittel schlechthin. Die Forschung sagt, dass wir jeden Tag Dutzende Male flunkern, schleimen, heucheln und schweigen, weil wir unserem Gegenüber die volle Wahrheit nicht zutrauen. Das ist äusserst weise, denn die meisten Menschen können mit der ungeschminkten Meinung schlecht umgehen.

Wer beim Vorstellungsgespräch wahrheitsgetreu sagt, dass er sich für seinen potenziellen Arbeitgeber nur lauwarm interessiert, hat verloren. Wer in den Ferien dem Scootervermieter gesteht, dass er nur theoretisch weiss, wie man ein Töffli lenkt, wird sich zu Fuss über die Insel schleppen. Und wer beim Visaantrag für Nordkorea angibt, dass er zu Hause als Journalist arbeitet, ist selber schuld. In einigen Situationen ist Lügen sogar juristisch erlaubt: Wenn eine Frau in einem Vorstellungsgespräch gefragt wird, ob sie schwanger sei, muss sie nicht die Wahrheit sagen.

Die allzu Ehrlichen sind die Dummen, weil sie nicht erkennen, wie gerne die Menschen angelogen werden. Wie einfach das Täuschen manchmal ist, belegen unzählige Geschichten von Hochstaplern, die sich mit schicken Kleidern, geliehenen Autos und einem unerschütterlichen Selbstvertrauen in schwindelerregende gesellschaftliche Höhen zu mogeln vermögen. Vor einem Jahr erst ist ein Zürcher Betrüger aufgeflogen, der sich als Milliardär ausgegeben hatte. Er bestellte Businessjets, trat als brasilianischer Investor auf und war ein derart guter Geschichtenerzähler, dass ihm eine Frau ohne mit den Wimpern zu zucken 2000  Euro lieh, als er ihr sagte, dass er sein Portemonnaie verloren habe.

Die beste Lösung 

Das Lügengebäude krachte schliesslich doch in sich zusammen, der Mann landete im Gefängnis, und damit wären wir bei der Moral der Geschichte: Wer wirklich klug ist, weiss, wo er mit Lügen aufhören sollte. Dem Partner etwas vorheucheln? Schlechte Idee. Die Polizei anlügen? Auch nicht so gut. Wenn es ans Eingemachte geht, werden wir früher oder später durchschaut – darum ist Ehrlichkeit im Zweifelsfall noch immer die beste Lösung, auch wenn man damit nicht Schweizer wird.